2018 wird es eine Premiere geben: Erstmals kommt „MAPLE MINDS“, das in Kanada entstandene Programm nach Deutschland. „MAPLE MINDS“ steht für – Yoga, Mindfulness and Relaxation Group Program for Kids and Teens with Chronic Illness“. Entwickelt hat es die gebürtige Berliner Diplom-Psychologin Inga Bohnekamp, die einige von uns bereits auf der Kinderyoga-Konferenz im vergangenen Februar kennenlernen durften.
Zu ihrer bevorstehenden Weiterbildung zu „Yoga- und Achtsamkeits-therapeutischer Arbeit mit Babies, Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen, psychiatrischen Auffälligkeiten und schweren Schmerzen“ an der Kinderyoga-Akademie im Februar in Heidelberg und im September in Berlin haben wir Inga Bohnekamp Fragen gestellt.
Alle Infos, Termine und konkrete Inhalte zu den beiden Yogatherapie-Weiterbildungen bekommst du hier.
Inga, du bietest 2018 Yogatherapie-Weiterbildung in Heidelberg und in Berlin an. Kannst du deine Arbeit kurz zusammenfassen?
Gern! Meinen Hintergrund als Psychologin verbinde ich mit Yoga und Achtsamkeit zu einer MindBodyTherapeutischen Form der Therapie. In meiner “traditionellen” psychotherapeutischen Arbeit als Psychologin in Deutschland hat mir immer die körperliche Komponente gefehlt. Es hängt ja alles zusammen – Körper, Geist, Seele, Gefühle…Das beeinflusst sich alles gegenseitig und eine Trennung ja gar nicht so richtig möglich. Und so macht es in meinen Augen aus Sinn, genau das auch therapeutisch zu berücksichtigen. Dies eröffnet uns dies viel mehr Wege und Zugänge, um Menschen und ihre Gesundheit und Krankheit zu verstehen, um zu kommunizieren und um Coping, Heilung oder zumindest Linderung zu unterstützen und zu fördern.
Nach unserem Umzug nach Kanada sind u.a. MAPLE MINDS (für Babies, Kinder, Teenager und Eltern) and MindBodyFeel (für Erwachsene) entstanden. Über die vergangenen sechs Jahre hier in Ottawa habe ich mit vielen, ganz unterschiedlichen kleinen und größeren Patienten gearbeitet, u.a. für das Children’s Hospital of Eastern Ontario und die Kanadische Krebsgesellschaft. Die Patienten kommen aus allen möglichen Bereichen: aus der Kardiologie, Kardiovaskulaere Chirurgie, Rheumatologie, Immunologie, Onkologie, chronische Schmerzpatienten. Viele haben Begleiterkrankungen, wie Ängste, depressive Verstimmungen, Körperbildprobleme.
Ich arbeite momentan hauptsächlich mit Gruppen – MAPLE MINDS und MindBodyFeel sind Gruppenprogramme. Abgesehen davon, dass ich einfach sehr gern mit Gruppen arbeite, weil ich die Lebendigkeit und Dynamik liebe, hat das den Vorteil, dass die Patienten mit anderen zusammenkommen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und somit intuitiv einfach vieles “verstehen”. Das ist für viele ein sehr schönes Gefuehl, mal unter “Gleichgesinnten” zu sein.
Zusätzlich arbeite ich auch in Einzelarbeit, vor allem mit Erwachsenen mit schweren chronischen Schmerzsyndromen. Manchmal gebe ich auch Workshops an Schulen oder unterrichte z.B. an therapeutischen Ambulanzen. Und dann arbeite ich ja auch noch als Autorin. Über die letzten Jahre habe ich vier Buecher geschrieben – zwei davon sind in Deutschland im Autumnus Verlag erschienen und zwei in Kanada.
Aus deiner Arbeit ist ein eigenes Programm entstanden: MAPLE MINDS, welches du nun zum ersten Mal nach Europa bringst. Was ist das Besondere?
MAPLE MINDS ist einMindBodytherapeutisches Programm, das Elemente aus dem Kinderyoga und der Achtsamkeitsmeditation mit Elementen aus der Kinder-und Jugendlichenverhaltenstherapie, der Emotionsbewaeltigung und weiteren Entspannungstechniken wie Visualisierungen (Traumreisen), PMR etc. verbindet. Ich habe MAPLE MINDS vor fünf Jahren in Kooperation mit dem Children’s Hospital of Eastern Ontario (CHEO) in Ottawa, Kanada, entwickelt. Es entstand aus dem Wunsch heraus, Kinder und Jugendliche, die mit schweren (chronischen) Erkrankungen und Schmerzen sowie psychiatrischen Begleiterkrankungen leben, besser zu unterstützen und auch ihren Familien das Leben ein wenig leichter zu machen. Die medizinische Versorgung ist natürlich zentral und ganz wichtig, ABER sie kann den kleinen und grossen Patienten und ihren Eltern meist leider weder den Stress noch Sorgen und Kummer und manchmal nicht einmal die schweren Schmerzen nehmen. Eine Lücke, die wir füllen wollten.
Ich glaube daran, dass es für uns alle gut und auch möglich ist, unser Leben mit mehr Leichtigkeit, Zuversicht und Freude zu leben – unabhängig davon, welchen z.T. sehr schweren Herausforderungen wir uns stellen müssen. Das hat sich in den vielen Jahren der Arbeit mit verschiedensten Patienten auch immer wieder bestätigt – und das macht Mut; den Kindern, den Teens, den Eltern und auch uns Ärzten, Krankenpflegern, Psychologen, Therapeuten!
Und deshalb bringen wir MAPLE MINDS jetzt auch nach Europa, denn auf diese Weise können wir alle zusammen viel mehr Patienten erreichen und unterstützen, als ich das alleine hier machen kann! Wir mögen den Kleinen und Grossen ihre Last nicht von den Schultern nehmen können, aber wir können ihnen spielerisch Wege zur Stress- und Schmerzbewältigung aufzeigen und ihnen helfen (z.B. durch die Arbeit in Gruppen), ein unterstützendes Netzwerk von Gleichgesinnten zu finden; Freunde, Wegbegleiter, die wissen, “wie sich das anfühlt”.
Du wohnst in Kanada, arbeitest dort unter anderem an einem Krankenhaus. Wie hat im hektischen Krankenhausalltag Yoga und Achtsamkeit Platz?
Gute Frage! 🙂 Stimmt, mein Leben ist bunt und schnell, gern kreativ-chaotisch und oft “all over the place”. Neben der Arbeit hat man ja noch so viel anderes, Familie, Freunde, meine Tochter, Schulaufgaben auf drei Sprachen, Hobbies, Reisen und dann eben das ganz normale Chaos Leben…;-)
Ich bin da sehr pragmatisch – genau so, wie ich es auch bei MAPLE MINDS weitergebe: Yoga und Achtsamkeit praktiziere ich ganz selbstverständlich jeden Tag. Ein Leben ‘ohne’ kann ich mir ehrlich gesagt nur schwer vorstellen. ABER das muss nicht jeden Tag so aussehen wie eine komplette Yogaklasse oder 20 Minuten still sitzen und meditieren, denn mal ganz ehrlich, das schaffen doch nur die wenigsten von uns. Ich starte meinen Tag immer mit ein paar tiefen, achtsam geführten Atemzügen in den Bauch und dann einem kurzen (oft ultrakurzen) intuitiv geführten Flow auf meiner Yogamatte. Sozusagen mein “Guten Morgen” an Körper, Geist und Seele :). Das hilft mir dabei, kurz in mich hineinzuspüren und mich mit meinem Körper und Atem zu verbinden, bevor der ganz normale Wahnsinn des Alltags beginnt.
Manchmal macht meine Tochter mit. Manchmal schläft sie noch. Manchmal geht das ganze im Chaos der Anforderungen des Tages fast unter. Aber ich habe ein paar “Lieblingsmoves”, durch die ich so gut wie immer fliesse und wenn ich es nicht mache oder kann (z.B. auf Transatlantikfluegen o.ae.), dann spüre ich es in meinem ganzen Körper, wie ich es vermisse. Achtsamkeit versuche ich genauso im Alltag zu leben. z.B. tanze ich mehrmals die Woche Ballett und die konzentrierten, fliessenden Bewegungen zur Musik sind eine ganz wunderbare Art, Achtsamkeit und das “Im Moment Sein” zu Praktizieren. Besonders wenn man mit Spitzenschuhen trainiert, merkt man das: Sobald man nicht mehr “im Moment ist”, sondern die Gedanken wild durch die Gegend flitzen, wirds schwierig mit dem Gleichgewicht und schwupps, ist man unten und verletzt sich im schlimmsten Fall die Knoechel. Das ist wie mit Balancehaltungen beim Yoga wie z.B. dem Baum oder auch dem Tänzer.
Ausserdem praktiziere ich sehr häufig das achtsame Hineinfühlen in meinen Körper und versuche, Spannungen oder Blockaden mit achtsamer, gezielter Atmung zu lockern, wo immer ich kann 🙂 Das macht sich u.a. gut beim Autofahren, da verspannen wir uns nämlich alle gern, wenns stressig und hektisch und voll wird.
Für wen ist die Weiterbildung gedacht?
Die Weiterbildung ist für alle gedacht, die gerne MindBodytherapeutisch mit Babies, Kindern, Jugendlichen und Eltern arbeiten möchten oder dies sogar schon tun. Das können (und darauf werden wir uns in der Weiterbildung fokussieren) Kinder und Jugendliche mit chronischen oder psychiatrischen Erkrankungen sein, aber genauso gut können es “ganz normale” Schulkinder sein (auch hier hat sich MAPLE MINDS bewährt). Gut ist, wenn Ihr Erfahrung habt in der Arbeit mit Menschen, die mit “besonderen” (gesundheitlichen oder anderweitigen) Herausforderungen leben. Das erleichtert das “Hereinfühlen” in diese Zielgruppe und nimmt auch die Berührungsängste. Aber diese Dinge werden wir natuerlich auch in der Weiterbildung thematisieren, denn das ist für uns alle wichtig: „Wie gehe ich damit um, täglich mit so schwer kranken Menschen zu abeiten und so viele, manchmal sehr traurige, Schicksale mitzuerleben? Was macht das mit mir? Wie fühlt sich das in mir drin an? Wie kann ich ein einfühlsamer Therapeut, Lehrer oder Begleiter sein und trotzdem nicht all den Schmerz meines Gegenübers auf meine Schultern laden?“
Was dürfen die Teilnehmenden erwarten? Was genau werden sie lernen?
Wir werden gemeinsam in die Welt der MindBodytherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit schweren chronischen Erkrankungen, Schmerzen und psychiatrischen Begleiterkrankungen eingehen. Hierzu werden wir zunächst in die Lebenswelt der Patienten und ihrer Familien eintauchen: Was bedeutet denn das Leben mit einer chronischen Erkrankung eigentlich konkret? Wie sieht das aus im Alltag? Welche Herausforderungen stellen sich in der Schule? Welchen Kummer gibts oft mit Gleichaltrigen? Was bedeutet das alles für die Eltern? Und fuer die Geschwister? Hierzu werde ich viele meiner Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Patienten- und Altersgruppen teilen und freue mich, wenn auch alle anderen ihre möglichen Erfahrungen einbringen.
Denn darum gehts ja: Wie können wir den einzelnen Patienten am Besten helfen, so dass dass sie viel Handfestes aus unseren Sitzungen mit in ihren Alltag nehmen? Techniken, die sie in schwierigen Situationen anwenden koennen – im Krankenhaus, wenn sie Angst vor den Spritzen haben oder wenn die Injektionen unter der Haut so schrecklich brennen. In der Schule, wenn andere Kinder sie ärgern, weil sie “anders” sind. Zuhause, wenns Konflikte gibt oder Sorgen und Kummer zu gross werden, wenn sie nicht einschlafen koennen, weil die Gedanken rasen, oder wenn sie nachts aufwachen, weil die Schmerzen unertraeglich sind… (das sind nur einige Beispiele, the list goes on and on).
Dann werden wir das MAPLE MINDS Programm kennenlernen und ich werde Euch Schritt für Schritt da durch fuehren. Wir lernen ein wenig über den theoretischen Hintergrund und vor allem werden wir die verschiedenen Techniken gemeinsam ausprobieren und erleben und wir werden ganz konkret üben, wir wir das MAPLE MINDS Programm mit Patienten unterschiedlichen Alters durchführen koennen: Wie mache ich das denn ganz genau, mit einem Dreijaehrigen die tiefe Bauchatmung zu üben? Eltern nahe zu bringen, wie sie ihrem Kleinkind die Kommunikation schwieriger Gefühle erleichtern? Mit Schulkindern auf Traumreisen gehen, um eine Pause vom Schmerz zu gewähren oder gemeinsam mit ihnen zu erarbeiten, wie man sich “am eigenen Schopf” hochziehen kann, wenn man sich down fühlt. Mit Teenagern eine regelmässige Gratitude Praxis aufbauen, die “cool” genug ist, dass sie dann auch freiwillig zu Hause weitergeführt wird.
Hierzu bringe ich auch Materialien mit, wie das offizielle MAPLE MINDS Manual (Handbuch), ein passendes Kinderbuch (The Colours Of My Rainbow) und MAPLE MINDS audiotracks, die das ganze noch anschaulicher machen.
Mein Ziel ist es, dass Ihr das Weiterbildungswochenende voller Eindrücke, Inspiration and Motivation verlasst. Und dass Ihr Euch gewappnet, zuversichtlich und bereit fühlt, das Gelernte und das gesamte MAPLE MINDS Programm – in Eurem Arbeitsfeld mit Euren Patienten/ Schülern etc. zu implementieren.
Können Interessierte sich schon etwas von dir im Vorfeld anschauen?
Wer Lust hat, kann z.B. hier mehr ueber MAPLE MINDS am Children’s Hospital of Eastern Ontario lesen.
Oder auf meiner Website über mich und meine Arbeit lesen: www.ingabohnekamp.com
Hier kannst du dich für eine der beiden Weiterbildungen mit Inga Bohnekamp anmelden.